Artenschutz am Gebäude
Durch die fortschreitende Ausdehnung der Städte in die umliegende offene Landschaft gewinnen diese als Lebensraum für Tiere immer mehr an Bedeutung. Es gibt sogar Arten, die sich speziell an den menschlichen Lebensraum angepasst haben: unsere sogenannten Kulturfolger. Jedoch werden in der Stadt durch Abriss oder Sanierung von Gebäuden immer wieder Quartiere und Brutplätze von Tieren zerstört. Bei vielen Vögeln und Fledermäusen ist ein dramatischer Rückgang festzustellen.
Allerdings lassen sich Bauvorhaben und Artenschutz, unter Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Vorgaben, meist mit einfachen Mitteln in Einklang bringen.
Rechtliche Grundlage
Bei Abriss oder Sanierung von Gebäuden gilt es, die artenschutzrechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einzuhalten. Diese umfassen sowohl die „freie“ Landschaft als auch den „besiedelten“ Raum.
§44 BNatSchG:
Es ist verboten „wildlebende Tiere der besonders und streng geschützten Arten zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsform aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen, zu zerstören sowie sie während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören oder ihre Fortpflanzungs- oder Ruhestätten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“
Selbst wenn die Tiere (im Winter) nicht anwesend sind, dürfen ihre Quartiere bzw. Nester nicht entfernt werden. Die Entfernung einer Lebensstätte geschützter Arten ohne eine Befreiung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet wird oder in schweren Fällen einen Straftatbestand darstellt.
Häufige Sorgen: Kostenaufwand oder Bauzeitverlängerung durch Artenschutzauflagen?
Die Kosten für die Ersatzmaßnahmen sind in den meisten Fällen sehr überschaubar: die Anlage von Kästen oder der Einbau von Quartieren sind handwerklich einfach leistbar.
Wenn das Thema Artenschutz frühzeitig in die Planung mit einbezogen wird, kommt es auch nicht zu Verzögerungen. Diese entstehen dann, wenn das Thema erst kurz vor Baubeginn bearbeitet wird. Daher ist es nötig, sich frühzeitig mit Artenschutz am Gebäude zu befassen.
Maßnahmen zur Einhaltung des Bundesnaturschutzgesetzes
Mögliche Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen
- Bauzeitenregulierung: Arbeiten außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeiten durchführen
- Bauarbeiten schrittweise und räumlich differenziert durchführen
- Artenschutzfachliche Baubegleitung
Woran kann man das Vorkommen von Tieren am oder im Gebäude erkennen?
Oft wird die Anwesenheit von den Tieren übersehen, v. a. bei den nachtaktiven Fledermäusen. Daher sollte man auf folgende Kriterien achten, welche ein Vorkommen wahrscheinlich machen:
1. Gebäudestrukturen
- ältere Gebäude mit Ziegeldächern
- Spalten und Nischen in der Fassade und Fensterläden
- größere Hohlräume (z.B. Dachstühle)
- offene und/oder kaputte Fenster
- Fassadenbewuchs
- Keller
2. Tierspuren
- Futterreste (z.B. Samenhülsen)
- Nester
- Kot
3. Lage des Gebäudes
- Gärten
- siedlungsnahe Gewässer
- große Grünflächen in Gebäudenähe dienen als Nahrungshabitate für Tiere
Was ist vor den Arbeiten am Gebäude zu tun?
Vor den Abriss- oder Sanierungsarbeiten sollte das Gebäude von einem Biologen auf Tiere bzw. deren Spuren überprüft werden. So lassen sich mögliche Verzögerungen des Bauvorhabens verhindern.
Werden Tierarten direkt beobachtet oder deren Spuren entdeckt, muss folgendes getan werden:
Meistens kann der Sachverständige Wege für geeignete Maßnahmen finden, z. B. durch Bauzeitenregelungen oder Schaffung von Ersatzquartieren.
Nehmen Sie oder der beauftragte Biologe Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt auf und schildern Sie die Sachlage. Bei Unsicherheiten legen Sie Ihrer Meldung Fotos von den betroffenen Teilen des Gebäudes bei.
Wenn Sie einen Abriss in der Nachbarschaft beobachten von dem Sie wissen, dass dort geschützte Arten vorkommen, dann sollten Sie umgehend die untere Naturschutzbehörde anrufen.
Ausgleichsmöglichkeiten
Wird eine Lebensstätte dauerhaft beseitigt, dann muss umgehend in unmittelbarer Nähe und vor dem Eintreffen der Tiere für einen Ausgleich gesorgt werden. Nur so kann die ökologische Funktion für die betroffene Art erhalten bleiben.
Da die Tiere oft sehr standorttreu sind, führt ein ersatzloser Verlust ihrer Brutstätten zu einer Gefährdung der lokalen Population.
Ersatzquartiere können sowohl in Form von Nistkästen als auch direkt in das Mauerwerk oder Dach integriert werden. Solche Installationen bringen keinen energetischen Nachteil und sind optisch unauffällig, haben aber einen hohen Mehrwert für die Tiere.
Das Förderprogramm „Mehr Natur in Friedrichshafen“ bezuschusst verschiedene Maßnahmen zur Anlage von Biotopen und Wohnstätten tierischer Stadtbewohner: www.förderprogramme.friedrichshafen.de
Weitere Informationen finden Sie im Handlungsleitfaden „Artenschutz beim Bauen“ des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg.
Ansprechpartner
Abteilung Landschaftsplanung und Umwelt
Riedleparkstr. 1
88045 Friedrichshafen
Tel. +49 7541 203 54651
umwelt@friedrichshafen.de
https://www.umwelt.friedrichshafen.de/
Informationen & Öffnungszeiten
Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Bodenseekreis
Umweltschutzamt, Zimmer: G 401
Glärnischstraße 1-3
88045 Friedrichshafen
Tel.: +49 7541 204-5466
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