Stolperstein in Erinnerung an Elsa Hammer

geb. Fellheimer, 1. Dezember 1884 bis 24. September 1943, ermordet in Auschwitz
messingfarbene Platte eingelassen zwischen Pflastersteinen mit Erinnerungstext an Elsa Hammer: Hier wohnte Elsa Hammer geborene Fellheimer, Jahrgang 1884, deportiert 1943 Auschwitz, ermordet 24.0.1943

Verfolgung jüdischer Mitmenschen in Friedrichshafen: Das Schicksal von Elsa Hammer

Der Nationalsozialismus war im Dritten Reich nicht nur in den städtischen Zentren und an der Front permanent spürbar, sondern bestimmte ab 1933 die Lebenswelt aller Deutschen, auch in der Provinz. Damit war die Ausgrenzung von „Andersartigen“, die nicht ins brutale Schema des „arischen Volksgenossen“ passten, überall und über Nacht möglich. Die Verfolgung von Christen, Sozialisten, Kommunisten, von Homosexuellen, Sinti, Roma und Jenischen, sowie aller im Weitesten als verdächtig erscheinenden Menschen, fand ab 1933 in jeder Gemeinde am Bodensee und damit auch in Friedrichshafen statt.

Am schlimmsten traf die rassistische Ideologie der Nazis die jüdische Bevölkerung, egal ob sich diese gläubig oder nicht gläubig, assimiliert oder nicht integriert verhielt. Eine erste Durchführungsverordnung des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 11. April 1933 bestimmte in dieser Hinsicht schon früh, wer sich zukünftig der Volksgemeinschaft sicher sein konnte und wer nicht: „Als nicht arisch gilt, wer von nicht arischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil nicht arisch ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil der jüdischen Religion angehört hat.“

Die Nationalsozialisten in Friedrichshafen waren sich ab 1933 nicht nur ihrer Herrschaft, sondern auch der breiten Unterstützung ihrer Ideologie im deutschen Volk sicher; so feierten sie Friedrichshafen schon bald als „judenfreie“ Gemeinde. Mit der Kommunalreform wurde 1937 der bislang eigenständige Ort Schnetzenhausen nach Friedrichshafen eingemeindet. Damit wurde auch der bei Dornier angestellte Fabrikationsleiter Karl Hammer aus dem Teilort Fischbach mit seiner Familie Friedrichshafener Neubürger.

Wohl allen war damals der Umstand bekannt, dass dessen Ehefrau Elsa, geboren am 1. Dezember 1884 in Göppingen, einen jüdischen Vater hatte. Karl Hammer konnte, solange er lebte, persönliche Diskriminierungen und öffentliche Anfeindungen gegenüber seiner Frau offensichtlich noch abwehren; dies lag nicht zuletzt an seiner leitenden Funktion bei einem der wichtigsten Rüstungsproduzenten der Region. Mehrere Zeitzeugen bestätigten zudem die soziale und Menschen freundliche Einstellung der Familie Hammer; Elsa Hammer adoptierte sogar ein Mädchen aus einem verarmten Familienhaus, um ihrer Familie zu helfen. Als Karl Hammer unerwartet nach kurzer Krankheit verstarb, stand seine Frau Elsa plötzlich schutzlos da: Von den bis heute als rebellisch geltenden zwangseingemeindeten „Fischbächlern“ war nicht viel Beistand zu erwarten.

In Fischbach hatte schon längst der SS-Mann Hubert Bernhard Jeuck, gebürtig aus Limburg/Lahn, sein Augenmerk auf die „nicht-arische“ Elsa Hammer gerichtet. Hubert Jeuck studierte in Darmstadt Maschinenbau und arbeitete bei der Firma Dornier. Mit Elisabeth Jeuck, geborene Schlachter, hatte er einen Sohn; die Familie wohnte in Fischbach und in Tettnang, das Kriegsende verbrachte sie im böhmischen Budweis. Nach dem Krieg 1946/47 zog die Familie Jeuck zurück nach Hessen, weil Hubert Jeuck in Fischbach am Bodensee nicht mehr Fuß fassen konnte. Laut einem Zeitzeugenbericht war es wohl Jeuck selbst, der nach dem Tode Karl Hammers einen gelben Judenstern an die Gartentüre der Hammers heftete.

Damit begann für Elsa Hammer eine regelrechte Menschenjagd, der sie nichts mehr entgegensetzen konnte. Am 14. September 1943 wurde sie von Stuttgart in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, im von deutschen Truppen besetzten Polen, deportiert. Dort wurde Elsa Hammer am 24. September 1943 wohl durch Giftgas ermordet. Offiziell hieß es, dass sie an Herzversagen gestorben sei.

Noch eine sehr beschämende Nachkriegsepisode ergab sich für die letzte Überlebende der Fischbacher Familie Hammer: Die Adoptivtochter Elsa Hammers verzog in den 1950er-Jahren nach Südafrika. Grund dafür war die bleibende rassistische und antisemitische Grundhaltung in großen Teilen der deutschen Bevölkerung.

Ein Stolperstein für Elsa Hammer wurde am 9. September 2013 verlegt und befindet sich vor ihrem ehemaligen Wohnhaus im Stadtteil Fischbach, an der Zeppelinstraße 275.

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Stolperstein in Erinnerung an Elsa Hammer
Zeppelinstraße 275
88048 Friedrichshafen
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